Sei heldisch – Sasa Stanisic (Vor dem Fest)

Früher war es leichter, mit einem Programm, einer Idee für die Menschen, einem Regelkonvolut durchzuschlagen. Gricens Konversationsprinzipien zum Beispiel, der Kategorische Imperativ von Kant. Stanisics Gebote für den Helden sind auch so ein Programm und längst nicht das einzige,was mir an diesem Roman verdammt gut gefällt:

Lern zu laufen schnell, zu schwimmen lang, zu klettern hoch (lass Vorsicht walten), lern, was einer Frau gebührt und was einem Mann, und tue dann, was du tun willst. Lern das (wenn du willst), von dem dir einer sagt, das sei nichts für dich. Sei heldisch im Streben. Wisse, was du dir vom Leben wünscht, und warte nicht, dass es geschieht, sondern strebe willentlich danach. Strebe nicht nach Glück, sondern nach Gelingen (nimm dir Zeit). Sei heldisch im Denken, aber nicht kopflos im Reden. Für Gedanken ist der Augenblick immer recht, für Worte gibt es auch den falschen. Erkenne und achte ihn, dann wird das Denken nicht umsonst gewesen sein. Sei heldisch im Tun. Bringst du den anderen damit Schaden, dir aber einen Vorteil, so tue es nicht (es sei denn, die anderen schaden dir). Bringst du den anderen damit einen Vorteil, dir aber nicht, so muss die Tat eine sehr gute sein ( und die anderen ihrer wert). Bringst du damit den anderen Vorteil und dir auch, so tue es und wisse: Alle wirst du nie zufriedenstellen können. Sei heldisch im Urteil. Vertraue auf Gottes Wort und Ritters Urteil und Richters Spruch. Aber lausche auch des Sünders Buße, des Büßers Entschuldigung, des Schuldigen Klage, des Angeklagten Verteidigung. Und entscheide dann (man wird dich belügen).
Sei heldisch bei Fragen. Sei heldisch und sage, wenn du die Antwort nicht weißt, und sei so heldisch, sie zu erfragen. Deine Fragen stelle aber so, dass du damit keine Gefallen tust, sondern allein auf Antwort drängst. Antworte niemals um des Redens, sondern um der Antwort willen. Sei heldisch in der Ordnung. Kenne die Sitten, um sie zu wandeln (kenne deine Rechte wie deine Pflicht).
Sei heldisch in der Gemeinschaft. Biete Hilfe an und nehme Hilfe an (wisse, wem und von wem). Gibt acht auf die Schwachen in Not, fordere die Starken auf, gegen Not zu handeln. Gibt es Streit, so denke nicht über Schuld nach, sondern über das Schlichten und Lösen. Bring dich selbst in Not, wenn es bedeutet, anderen aus der Not zu helfen (kenne einen Ausweg). Sei heldisch zu deiner Erinnerung, indem du ehrlich zugibst, was gewesen ist. Sei heldisch und wisse: Helden können nicht immer Heldensein, es gibt auch sonst viel zu tun.

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